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Was einen das Leben auf einem Bauernhof lehren kann

Wir hier auf dem Hof sind alle auf einem Bauernhof aufgewachsen. Wir sind mit Matsch unter den Füßen, Stallgeruch und Stroh in den Haaren, Erde an den Händen, der Abhängigkeit von Wetter, dem Verlauf der Jahreszeiten, der Verpflichtung, dem Kontakt mit neuem Leben und dem Tod sowie dem Respekt gegenüber dem was täglich auf unserem Tisch steht, groß geworden.

 

In den Sommerferien wimmelte es bei uns auf dem Hof von Kindern. Viele Kinder aus der Familie verbrachten ihre Ferien bei uns. Wir waren nur draußen, den ganzen Tag und kamen nur zum Essen rein. Wir kletterten auf Strohballen, spielten Verstecken im Maisfeld, beobachteten die Kühe beim Warten auf's Melken und überlegten uns was sie wohl miteinander bereden, spielten mit den Kälbern (und fütterten sie mit Gummibärchen, was Ärger gab ;-)), wir tobten im Getreidehaufen, sprangen über Pflugfurchen, bauten uns ein Baumhaus und kletterten auf unsere Lieblingsplätze im Baum, picknickten auf dem Feld, wenn Papa das Feld bestellte... Klingt nach einer unbeschwerten Kindheit. Das war es auch. Wir waren frei und konnten machen was wir wollten. Ganz nebenbei halfen wir auch mit, ganz ohne Zwang. Spielerisch eher. Wenn wir beim Melken dabei waren und Papa besuchten, warum nicht gleich mithelfen und sauber machen!? Wenn wir Oma beim Kälber füttern besuchten, warum nicht gleich Futter in den Trog füllen oder einstreuen!? Erst in der Jugend durften wir dann einzelne Bereiche verantwortungsvoll übernehmen. Wir kümmerten uns zum Beispiel im Sommer bei der Getreideernte um die Lagerhalle. Einen schönen großen Getreidehaufen mit dem Teleskoplader bauen, das Getreide fegen, LKWs beladen, wiegen. Kälberfüttern oder beim Melken aushelfen. Es wurde uns Kindern zugetraut. Wir wurden gebraucht.

 

Und was hat das Ganze denn jetzt mit der Bauernhofpädagogik zu tun?

 

Der Bauernhof kann Groß und Klein etwas bieten, was kein anderer Ort kann. Er bietet eine Vielfalt an Orten, Themen, Aufgaben, Zusammenhängen, Verpflichtungen. Hier lernt man Verantwortung zu übernehmen, auch mal über seine Grenzen hinaus zu gehen. Hier lernt man ganz viel über die Natur und ihre Bewohner. Hier lernt man etwas über Lebensmittel. Aber hier lernt man auch etwas über sich selbst. Freiheit, Erlebnisse an der frischen Luft und die verantwortungsvolle Übernahme von Aufgaben, das Erkennen von Zusammenhängen und den natürlichen Gegebenheiten. 

Die Bauernhofpädagogik greift all das auf. Ob Groß oder Klein. Wir nehmen alle mit. Wir lassen uns von den Interessen und Fragen der Besucher:innen leiten, machen Angebote und lassen Landluft schnuppern, in Erde wühlen, in Matsch hüpfen. Dabei wird automatisch Wissen vermittelt. Wissen über Natur, Umwelt, Tiere, Lebensmittel, Jahreszeiten, Kreisläufe. Auf einem Bauernhof lernt man unweigerlich, dass gewisse Aufgaben immer zum selben Zeitpunkt zu erfolgen haben (z.B. Tiere füttern) und dies auch mit einer Verantwortung dem Tier gegenüber zwingend ausgeführt werden muss. Das muss auch gemacht werden, wenn man mal keine Lust hat. Zudem lassen sich die Tiere nicht zwingen. Vertrauen gewinnen und Rücksichtnahme, das sind Dinge, die bringen einem auf einem Bauernhof die Tiere bei. Tiere lassen sich nur streicheln, wenn man ihr Vertrauen gewinnt. Man muss sich Mühe geben und Zurückhaltung üben. Besonders Kinder lieben es, wenn sie gebraucht werden. Wenn sie zum Bespiel die Tiere füttern, wenn sie ernten dürfen und die Früchte ihrer Arbeit nachher kosten dürfen, erkennen sie die Zusammenhänge und den Sinn der Arbeit. 

Aufgaben müssen erledigt werden, wenn das Wetter ruft: "Ja, jetzt passt es. Los!" In der Landwirtschaft werde die Entscheidungen von natürlichen Kräften getroffen. Auch dies ist eine Lehre des Lebens. Manchmal müssen wir alle Zähne zusammenbeißen und die Dinge erledigen, so wie es die Natur von uns verlangt.

 

In der Bauernhofpädagogik bedienen wir uns also den Fähigkeiten von Natur und Tier. Sie können uns viel lehren. Dabei ist das, was die Hofbesucher:innen lernen nicht planbar. Alle werden etwas lernen und mit nach Hause nehmen. Was es ist, können wir vorher nicht sagen, das ist von den Interessen und dem Blick eines jeden einzelnen abhängig.

 

In diesem Jahr haben wir wieder einiges vor. Die Termine findet ihr hier. Für Kinder, die das Jahr im Kreislauf erleben wollen, gibt es ab März einen Jahreszeitenkurs. Wir freuen uns auf euch!

 

 

 

Hinweis: Gemolken wie in unserer Kindheit wird bei uns mittlerweile nicht mehr,  aber gemuht wird trotzdem noch und es gibt viele Tiere, die täglich versorgt werden wollen.